Bei den Beziehungs-Typen haben wir das Princess-Treatment kennengelernt. Und es geht nicht darum, jemanden zu verurteilen, sondern zu verstehen. Und diese Form von Fremd- und Selbstverletzung hat eine Ursache. Wie ich mich selbst sehe.
Das Geheimnis: Jeder von uns präsentiert die eigenen Minderwertigkeits-Gefühle laut und deutlich.
Wir müssen nur hinschauen.
Haben wir es einmal verstanden, kann man es nicht mehr nicht sehen.

Fangen wir mit dem Wort an. “Minderwertigkeits-Gefühl”. Wir hatten das schon bei Hamsterrad und Co: Wenn wir in unserer ersten Beziehung nicht gesehen werden, dann sind wir unsichtbar. Das können wir akzeptieren und wollen verschwinden (“ich bin zu viel”) oder wir versuchen uns zu wehren und der Welt zu beweisen, dass wir doch was wert sind (“ich bin nicht genug, also zeige ich es allen”).
Ausgleich
Wie in der Skizze oben gezeigt, ist unsere Identität die Nulllinie. Und in diesem unveränderlichen Wert sollten wir eigentlich für immer bleiben. Wird dieser Wert uns genommen – also wir können ihn nicht fühlen – dann gehen wir ins Defizit, in den Schmerz.
Danach kommt die Gegenbewegung: Wir müssen unseren Schmerz so kompensieren, dass wir im Durchschnitt wieder bei null sind. Also Schmerz und Gegenbewegung (das Spielen der Rollen) ist symmetrisch.

Und jetzt kommt es: Wir können den Schmerz, also die gefühlte Minderwertigkeit, nicht direkt sehen oder messen. Aber wir können sie im Umfang der Gegenbewegung messen. Wie viel Zeit und Energie verwenden Menschen darauf, ihre Rolle zu spielen?
Und diese Rolle kann alles sein, was man sich denken kann. Es geht nicht um das Was, sondern Warum. Alles was ich als externe emotionale Regulierung verwende. (Externe emotionale Regulierung bedeutet, dass ich auf äußere Hilfsmittel zurückgreife um zu fühlen/nicht zu fühlen, je nachdem, was meine Lösungsstrategie ist. Also Schmerzmittel für die Seele. Und das können Substanzen, Menschen, Dinge und Aktivitäten sein.)
Symmetrie
Das kann Kleinmachen und Gewalt sein. Das kann sein, dass ich meine Gefühle betäube oder Gefühle erzeuge, die ich hätte, wenn ich wertvoll wäre. Oder es ist eben die Rolle, dass ich großartig und erfolgreich bin.
Deswegen kann man das gut an den Superreichen sehen. Aber auch in den Lebensgeschichten der Stars. In allen Biopics der letzten Jahre kann man das Muster sehen: Die Überhöhung im Außen zum Star, aber die absolute Leere und Bedeutungslosigkeit im Innen. Dieses Loch, dass mit nichts auf der Welt aus dem Außen gefüllt werden kann.
Die Überhöhung im Außen ist das Maß für die Verletzung im Innen.
Alles ist in Balance. Alles ist symmetrisch. Je stärker die Kompensation, desto größer die innere Verletzung. Je höher ich klettern muss, desto tiefer unten sehe ich meinen Wert.
Und die Frage, die unsere Beobachtung für uns und andere leiten darf ist einfach:
“Wie viel % meiner Lebenszeit und Energie stecke ich in externe emotionale Regulierung?”
Und die externe emotionale Regulierung ist wieder nur ein Zeichen der Entfremdung von uns selbst. Das ist wieder im Bild: Je tiefer unser Schmerz und je höher die Kompensation, desto weiter sind wir von uns selbst entfernt. Ganz oft oszillieren wir im Innern zwischen diesen beiden Polen.
Was wir uns merken: Je mehr ich sein möchte, desto mehr bin ich von mir selbst entfremdet.
Ausweg
Raus aus der Scham!
Scham, die Angst vor Gesichtsverlust ist das Hindernis #1 und macht es nur schlimmer. Die Zeit halt nichts. Andere Dinge können mit der Zeit heilen. Aber eine Infektion wird mit der Zeit nur schlimmer. Und Trauma ist eine Infektion der Seele.
Und wir denken, dass wir schuld sind und wollen es deswegen nicht zugeben. Um Scham zu überwinden brauchen wir einen Rahmen, indem wir uns öffnen können. Einen Platz an dem wir zeigen können, wie wertlos wir uns sehen. Das ist dann der Platz, an dem wir lernen, dass daran nichts stimmt. Wir werden lernen, dass wir den Schmerz von jemand anderem geerbt haben. Und wir die Chance haben, den Zyklus zu durchbrechen.
Beziehungstechnisch ist die Transaktion schon ein Fortschritt. Ein Schritt in die richtige Richtung.
Doch Beziehung und Hingabe sind das Ziel. In dem Maß, wie ich anderen begegnen kann, kann ich mir begegnen. Und in dem Maß wie ich mir begegnen kann (meiner Identität), kann ich anderen begegnen.
Runde für Runde wird es etwas mehr. Mehr Begegnung und weniger fake. Und wenn ich meine ganze Energie nicht mehr in die externe emotionale Regulierung stecken muss, desto mehr Energie habe ich zum Leben.

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